Geistheilungen: purer Zufall?
Zwar stimmt es: Seit hierzulande immer weniger Störche nisten, kommen immer weniger Deutsche zur Welt. Trotzdem würden höchstens ein paar unverbesserliche Romantiker dahinter einen ursächlichen Zusammenhang vermuten – denn es handelt sich bloß um ein zufälliges zeitliches Zusammentreffen. Könnte es sich mit den anscheinenden Erfolgen von Geistheilern nicht ebenso verhalten? Da tut ein Heiler dies und jenes – und in zeitlicher Nähe dazu beginnt ein Patient, gesundheitliche Fortschritte zu machen. Erliegen wir da womöglich einem Fehlschluss von Korrelation auf Kausalität?
Aber auch dieses Argument verrät eine ziemliche Ahnungslosigkeit, was den inzwischen erreichten Forschungsstand betrifft. Wenn Wissenschaftler Experimente statistisch auswerten, hat “Zufall” eine wohldefinierte Bedeutung: nämlich “Nichtsignifikanz”. Was heißt das? Angenommen, wir wollen herausfinden, ob Fernheilen bei inoperablem Lungenkrebs hilft. Dazu verteilen wir eine größere Zahl von Betroffenen auf zwei Gruppen, die sich in
wichtigen Hinsichten gleichen, unter anderem, was das Alter, den Tumortyp, das Krankheitsstadium und die medizinische Versorgung betrifft. Dann lassen wir eine Gruppe von Geistheilern fernbehandeln, die andere nicht. Alle Patienten haben wir “verblindet”, d.h. sie bleiben im Ungewissen darüber, ob sie behandelt werden oder nicht. Sicherheitshalber “verblinden” wir auch noch alle beteiligten Ärzte und Wissenschaftler. Ein paar Monate später stellt sich heraus, dass es
der Behandlungsgruppe im Schnitt deutlich besser geht als der Kontrollgruppe: die Primärtumoren sind kleiner, die Metastasen seltener, die Tumormarkerwerte im Blut deutlich besser. Dieser Unterschied kann “signifikant” sein, wie Statistiker sagen, und das Ausmaß der Signifikanz drücken sie in einem Zahlenwert aus, nämlich dem Wert “p”, eine Abkürzung für “probability”,
also Wahrscheinlichkeit. Ein Wert von p.kleiner .05 bedeutet: Rein zufällig tritt der festgestellte Unterschied in weniger als fünf von hundert Fällen auf; anders gesagt: Wir müssten dasselbe Experiment zwanzig Mal wiederholen, um rein zufällig zu den gleichen Ergebnissen zu kommen. Von den rund 200 kontrollierten Studien zum Geistigen Heilen, die weltweit seit den sechziger Jahren stattgefunden haben, ergaben rund zwei Drittel eine Signifikanz von
mindestens .05 oder besser; bei knapp 90 lag sie sogar unter .01, bei manchen sogar um .001 – das heißt, die Wahrscheinlichkeit, dass sie durch puren Zufall zustandekamen, beträgt 1 zu 1000. Damit ist Zufall zwar nicht vollständig ausgeschlossen – aber gerade nach wissenschaftlichen Maßstäben wird es ab gewissen Signifikanzniveaus schlicht irrational, ihn noch zu unterstellen.
Mehr dazu in Fernheilen, Band 1.
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