Zweifellos. Die größte Gefahr geht vom Patienten selbst aus – dann nämlich, wenn er im Vertrauen auf den Heiler ärztliche Maßnahmen unterlässt, hinauszögert oder abbricht. Gefahren können auch vom Heiler ausgehen: wenn er zuviel verspricht, wenn er droht oder Hilfesuchende sonstwie unter Druck
setzt. Sind darüber hinaus auch die sogenannten „geistigen“ Kräfte oder Energien
gefährlich, die von Heilern anscheinend eingesetzt werden? Viele Patienten beunruhigt diese Möglichkeit: Wenn ein rätselhaftes physikalisches Etwas bewirken kann, dass Kranke gesund werden – könnte es dann nicht auch Gesunde krank oder Kranke noch kranker machen? Könnte „Heilenergie“ z.B. versehentlich überdosiert werden? Oder könnte die falsche Energie eingesetzt werden, eine auf der verkehrten Frequenz? Also: kein Licht ohne Schatten? Könnte sie sogar vorsätzlich missbraucht werden, um Patienten zu quälen? Wenn „Fernheilung“ tatsächlich funktioniert: Könnte auf Distanz nicht auch Psychoterror ausgeübt werden? Könnten charakterschwache, böswillige Heiler nicht zu Schwarzmagiern werden? Lauern da Wölfe im Schafspelz?
Tatsächlich klagen mir Patienten ab und zu, dass es ihnen erheblich schlechter geht, seit sie ihren Heiler damit verärgerten, dass sie die Behandlung abbrachen, nicht auf seine Honorarforderungen eingingen oder seine Praxis sonstwie in Unfrieden verließen. In fast allen solchen Fällen sehe ich allerdings eher einen Nocebo-Effekt am Werk, das
Gegenstück zum Placebo-Effekt: Der bloße Glaube, etwas oder jemand schade einem, kann den Schaden überhaupt erst erzeugen, denn anhaltende Angst hat psychosomatische Wirkungen, die dramatisch sein können, wie der Voodoo-Zauber zeigt. Andererseits kenne ich auch eine Handvoll gutdokumentierter Fälle, in denen ein Mensch geradezu schlagartig erkrankte, nachdem ein Magier ihm von fern Böses anzutun versuchte – obwohl
das Opfer zunächst gar nichts davon wusste, dass es Zielscheibe solcher Angriffe war. Das ist beunruhigend, sollte von Hilfesuchenden aber nicht überbewertet werden. Unter den weit über tausend Heilern, die ich im Lauf der Jahre persönlich kennengelernt habe, fallen mir höchstens vier bis fünf ein, die ich im Verdacht habe, sich überhaupt mit Schwarzer Magie zu befassen; nur zwei, die mir das zugegeben haben; und keiner, dem ich die Geisteskraft zutrauen würde, damit ernstlichen Schaden
anzurichten. Im übrigen dürfen Patienten beruhigenderweise davon ausgehen, dass auch der mieseste Charakter gemeinhin Besseres zu tun hat, als seine Gedanken über einen längeren Zeitraum um sadistische Phantasien kreisen zu lassen. Und selbst wenn es Heilertypen mit unstillbarer krimineller Energie gäbe, glaube ich, dass es Möglichkeiten gibt, derartige Angriffe abzuwehren: durch bestimmte Einstellungen, Glaubenshaltungen
und Psychotechniken. Im übrigen plädiere ich dafür, jedes vermeintliche Gefahrenpotential Geistigen Heilens ins Verhältnis zu setzen zu den Gefahren, die von der Schulmedizin ausgehen - von unerfahrenen, nachlässigen oder überforderten Ärzten. Jährlich fordern über 300'000 Bundesbürger Schadensersatz wegen ärztlicher Kunstfehler; allein in Deutschland leben 800'000 Medikamentensüchtige, und
30'000 Todesfälle werden auf die Einnahme von Pharmazeutika zurückgeführt. Wer über Risiken Geistigen Heilens spekuliert, der observiert die Mücke – und übersieht den Elefanten. Eine einzige Schachtel Zigaretten scheint mir ungesünder als die geballte Energie von tausend geistheilenden Charakterschweinen. |