Derart vorbereitet, baute die Krebskranke in mittlerer Trance dann
immer wieder ein bestimmtes geistiges Szenario auf: Kleine runde Waschfrauen packen das Knochenmark in große Zuber und waschen es gründlich. Tapfere Krieger, mit langen Lanzen bewehrt, machen Jagd auf die Krebszellen und stöbern sie auf. Diese sehen aus wie amorphe Quallen. Ihre langen Tentakel werden von den Kriegern der Reihe nach abgehauen. Nun tauchen, Raumschiffen gleich, hungrige Fresszellen auf, docken an die verstümmelten Quallengebilde an, öffnen ihre großen Mäuler und verschlingen
sie. Kurz darauf erscheinen Kolonnen von eifrigen Putzteufelchen, welche die vom Krebs befallenen Körperstellen sorgfältig scheuernd säubern. Abschließend reiben sie die gereinigten Stellen noch liebevoll mit einem knochenaufbauenden Balsam ein.
Nachdem die Patientin Techniken der Selbsthypnose gelernt hatte, ließ sie dieses Psychodrama Tag für Tag zu Hause in sich ablaufen. Dabei half ihr eine Tonbandkassette mit einem suggestiv bestärkenden Text, den Susen eigens für sie auf Band
gesprochen hatte.
Dass ihr die Hypnotherapie guttat, merkte Barbara Mertes schon bald: Die gefürchteten Nebenwirkungen der Chemotherapie - Schwindelgefühl, Haarausfall, Erbrechen, Schlaflosigkeit, Appetitmangel und Angstzustände - blieben ihr «völlig» erspart, wie Susen versichert. Nach sechs Monaten wurde sie ärztlich untersucht. Der Befund sprach von einer «guten Teilremission». Daraufhin verweigerte die Patientin weitere Chemotherapien und setzte sofort sämtliche Medikamente ab.
Ihre Besserung schrieb sie vornehmlich den Selbstheilungskräften zu, welche die Hypnose in ihr geweckt hatte.
Neuere Erkenntnisse der Psychoneuroimmunologie geben ihr darin recht: Tatsächlich arbeitet das menschliche Immunsystem keineswegs autonom, «von allein», ohne Beteiligung des Zentralnervensystems und psychischer Prozesse. Anhaltende seelische Belastungen wie Verlusttrauer, Mangel an emotionaler Zuwendung, Gefühle von Hilf- und Hoffnungslosigkeit können Immunreaktionen
unterdrücken: ein Hauptfaktor nicht nur bei der Entstehung von Krebs, sondern auch bei harmloseren Erkrankungen wie Erkältungen oder grippalen Infekten. So schüttet das Gehirn eines Gestressten, Überforderten, Verzweifelten nachweislich «Botenstoffe» aus - Neurotransmitter (Überträgersubstanzen an den Nervenenden) und Peptide, Eiweißkörper -, die sich an Rezeptoren auf der Oberfläche von Immunzellen anlagern und dadurch regelrecht deprimieren. Indirekt helfen hypnotische Suggestionen hier,
indem sie Angst und Anspannung abbauen, das Ich stärken, positive Vorstellungen und Erwartungen erzeugen, die sich ihrerseits psychosomatisch günstig auswirken. Darüber hinaus kann Hypnose das Immunsystem aber auch direkt beeinflussen: So senken geeignete Eingebungen in Trance messbar den Spiegel der Stresshormone (Katecholamine, Glukokortikoide wie Kortisol). Diese Hormone beeinflussen die weißen Blutkörperchen (Leukozyten), wichtige Bestandteile der körpereigenen Abwehr. Frau Mertes ahnte
also die Wahrheit: Hypnose kann durchaus Selbstheilungskräfte wecken und stärken - womöglich selbst gegen bösartige Tumorzellen.
Doch kann sie dies auch allein - ohne jegliche sonstigen medizinischen Maßnahmen? Sechs weitere Monate wurde Frau Mertes' Behandlung nun ausschließlich hypnotisch fortgesetzt. Als sie sich danach erneut ärztlich untersuchen ließ, waren keinerlei Anzeichen für eine Krebserkrankung mehr feststellbar.
Neun von zehn Krebspatienten, die eine Chemotherapie abbrechen, erleiden spätestens nach drei Jahren Rückfälle. Barbara Mertes blieb dieses Schicksal bislang erspart: Seither gibt es keine krebsverdächtigen Befunde mehr bei ihr. Blutbilder, die sie vierteljährlich erstellen lässt, sind völlig «sauber».
Wie Dr. Susen, so wollen auch der Penzberger Arzt Dr. Wolf Eberhard Büntig sowie die Psychotherapeuten Dr. Wolfgang Lenk (Berlin), Burkhard Peter und Wilhelm Gerl (beide München) mit verschiedenen Hypnosetechniken bei Krebs beachtliche Erfolge erzielt haben - ebenso wie vereinzelte Hypnotherapeuten aus Großbritannien, den USA und Australien. Was sie an spektakulären Patientenberichten vorzuweisen haben, bestätigt Ergebnisse des amerikanischen Arztes Dr. Bernauer Newton, Leiter der Privatklinik Newton Center for Clinical Hypnosis in Los Angeles und Präsident der «Gesellschaft für klinische und experimentelle Hypnose» (SCEH). Von 1974 bis 1984 arbeitete Newton mit insgesamt 322 Krebspatienten zwischen zwei (!) und 74 Jahren; ihr Durchschnittsalter betrug 44 Jahre. Neben herkömmlichen Behandlungsmethoden bot er ihnen auch eine Hypnose-Therapie an; dabei hatten sie sich «machtvolle Heilkräfte» vorzustellen, die gegen ihre Tumoren «Krieg führen».
- 70 Patienten brachen diese Therapie nach drei bis zehn einstündigen Sitzungen ab. Von ihnen waren 1984 nur noch 8 (11 Prozent) am Leben.
- 130 Patienten machten länger mit. Von ihnen überlebten im selben Zeitraum 70 (S4 Prozent).
- 24 dieser Patienten hatten in Newtons Klinik entweder überhaupt keine herkömmliche Krebsbehandlung erhalten - oder diese spätestens ein halbes Jahr vor Beginn der Hypnosesitzungen abgebrochen. Von diesen 24 lebten immerhin noch 15; drei waren vollständig genesen, der Zustand dreier weiterer hatte sich stabilisiert.
So mächtig kann also Suggestion wirken, selbst bei schwersten Erkrankungen. Aber spielt Suggestion nicht auch bei jeder Art von Geistigem Heilen mit? Zwar werden die Patienten dabei nicht hypnotisiert - aber natürlich müssen wir nicht erst in Trance sinken, um für Suggestionen empfänglich zu werden, wie wir von der Werbung und der politischen Propaganda her wissen sollten. Hören nicht auch Patienten von Geistheilern immer wieder: «Du kannst gesund werden, egal, was dir fehlt» und «Du und der Heiler, ihr habt die Macht, deinem Leiden beizukommen»? Sind Geistheilungen also doch letztlich psychische Heilungen - und keine paranormalen? Diesem Einwand werde ich zusammen mit einem zweiten beizukommen versuchen: dem «Placebo-Argument».
Quellenangaben und weitere Literaturhinweise in Geistiges Heilen - Das Große Buch. |