Kopfleiste_IVH-Site_NEU 26-Sept_1102

Sitemap
Heiler online

geograf Suche
Navi-Leiste_LINKS_neue IVH-Site_120p_breit02
Geistheiler Nov 06
Geistheiler Nov 06

Was hält die IVH von
HEILERN ALS VEREINSMITGLIEDERN?



Vereinsmeier auf dem Vormarsch -
Sind Verbandsmitglieder die besseren Heiler?


Wenn Geistheiler in Faltblättern, Broschüren und Inseraten an die große Glocke hängen, was sie zu bieten haben, verweisen sie immer häufiger darauf, dass sie irgendeinem Verein angehören. Was sind solche Zugehörigkeiten wirklich wert? Sollten Patienten darauf achten - ähnlich wie es für Wohnungssuchende ratsam sein mag, sich eher an Makler zu wenden, die den Zusatz "RDM" im Firmenschild führen? Sollten Hilfesuchende zuallererst bei den Geschäftsstellen von Heilerverbänden anfragen, welche praktizierenden Mitglieder empfehlenswert sind?

In drei Dutzend Vereinigungen in Deutschland, der Schweiz und Österreich haben sich schätzungsweise 5000 haupt- und nebenberufliche Geistheiler organisiert. Das ist nicht einmal jeder Fünfte, gemessen an einer vermutlichen Gesamtzahl von mittlerweile wohl über 15’000. Erste Wahl wäre diese Minderheit dann, wenn ihre Vereine irgendwelche nachvollziehbaren Qualitätsgarantien übernähmen. Sind sie dazu imstande?

Nur ein geringer Teil von ihnen stellt an Heiler überhaupt irgendwelche Aufnahmebedingungen und Anforderungen, die über die regelmäßige Zahlung von Beiträgen hinausgehen. Vereinzelt liegen nicht einmal Satzungen vor, geschweige denn Eintragungen ins Vereinsregister. Im Verein zu sein, bedeutet auch für Geistheiler zumeist, hin und wieder Rundbriefe des Vorstands zu erhalten und an gelegentlichen Treffen teilzunehmen. Bei manchen Vereinen handelt es sich zudem um getarnte Wirtschaftsbetriebe, die aus steuerlichen Gründen auf Gemeinnützigkeit aus sind - ein Werbeargument, das Marktvorteile bringt -, tatsächlich aber als Werkzeuge von Geschäftsinteressen dienen: Eifrig werben sie für Schriften, Kurse, Beratungen und andere käufliche Dienstleistungen,  für verkappte Heilmittel und allerlei Geräte, wobei Vorständler und ihre Kumpel durchweg mehr profitieren als einfache Mitglieder.

Einige wenige Vereine bemühen sich auf zweierlei Weise, Qualität sicherzustellen:

-  Vereinzelt unterziehen sie ihre Heiler, nach eigenem Gutdünken, einmaligen "Prüfungen" vor einer eigens eingesetzten "Kommission" - ein Unterfangen, auf dessen Fragwürdigkeit ich bereits eingegangen bin.

-  Zum anderen verpflichten sie Heiler auf einen "Ehrenkodex", der beim Beitritt förmlich "anzuerkennen" ist. Typische ethische Verhaltensregeln solcher Kodices lauten etwa, dass keine Diagnosen gestellt, keine ärztlichen Maßnahmen verhindert, keine Honorare oberhalb einer gewissen Stundensatzes kassiert werden dürfen.

Doch leider widersprechen die diversen Kodices einander in wichtigen Punkten. Was der eine Verein schon als unanständig anprangert, lässt der andere ohne weiteres durchgehen. Doch Moral, so sollte man meinen, ist unteilbar. Welcher Verein ist ihr näher?

Ein "Ehrenkodex" ohne Mittel, ihn durchzusetzen, taugt ungefähr soviel wie päpstliche Keuschheitsgebote auf der Reeperbahn. Kein einziger Verband verfügt bisher über wirksame Kontrollinstanzen, welche sicherstellen, dass ihre Heiler den Kodex nicht nur unterschreiben, sondern tagtäglich einhalten. Zwar sind mancherorts inzwischen "Ethik-Kommissionen" und ähnlich vertrauenserweckend titulierte Einrichtungen installiert worden. Von freiwilligen Laienhelfern nach Feierabend betrieben, werden sie allerdings stets erst auf massive Beschwerden von Patienten hin aktiv, können aber nicht vorbeugend für Schutz sorgen. Der wäre am ehesten durch häufige stichprobenartige Kontrollen vor Ort, in den Praxen aller heilenden Vereinsmitglieder, sicherzustellen - am besten, um nicht auf Inszenierungen hereinzufallen, durch verdeckte Ermittler, die sich als Hilfesuchende ausgeben. Zu einer überzeugenden Standesgerichtsbarkeit müsste ferner gehören, dass ein des Kodexverstoßes beschuldigter Heiler vor eine Schiedsstelle zitiert wird, in der er mit dem Geschädigten und möglichst noch weiteren Zeugen konfrontiert wird. Für solche Maßnahmen freilich reichen Geld und Personal der bestehenden Heilerverbände nicht annähernd. Beschwerden von Patienten nachzugehen, erschöpft sich zumeist darin, dem Beschuldigten einen Brief zu schreiben ("... und erwarten wir Ihre Stellungnahme"). Streitet der Heiler ab, so steht Wort gegen Wort - in dubio pro reo, die "Unschuldsvermutung" muss, bis zum Beweis des Gegenteils, auch für ihn gelten. Und ihn zu "überführen", ist fast immer unmöglich, weil Zeugen fehlen: einerlei, ob es um sexuelle Belästigung oder eine unquittierte Barzahlung, um eine Anstiftung zum Absetzen eines Medikaments, eine verantwortungslose Diagnosestellung, eine Heilungsgarantie oder Drohungen mit schwarzer Magie geht.

Zu solchen praktischen Problemen kommen grundsätzliche. Um einen "Ehrenkodex" durchzusetzen, muss eine "Ethik-Kommission" verbandsintern mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet werden; es bedarf eines funktionierenden Kommunikationsnetzes, in dem ihr jedwede Verstöße zuverlässig zugetragen werden, und eines Katalogs abgestufter, möglichst abschreckender Strafen, die unbotmäßigen Heilern wirklich weh tun. Je weniger Macht eine "Ethik-Kommission" hat, je weniger sie mit Informationen über Fehltritte versorgt wird, je weniger Sanktionsmöglichkeiten sie erhält, desto mehr gerät ihr Kodex zur Farce. Doch je mehr sie von alledem bekommt, desto mehr droht Heilern eine Vereins-Stasi, die von Bespitzelungen und Denunziationen, Gerüchten und übler Nachrede lebt - und in ihrem Bemühen, den Rechtsstaat mit vorauseilendem Gehorsam zu beeindrucken ("Für den Patientenschutz, den ihr gesetzlich sicherstellen wollt, können wir schon selber sorgen"), den Heilern letztendlich mehr Gängelung, mehr Bevormundung, mehr Einschüchterung, mehr Schikanen beschert, als die repressivsten Staatsorgane es je zuwege brächten. So mancher Funktionärsmerkwürden, der in den Fußstapfen von Harry Edwards mühelos ein Vollbad nehmen könnte, entdeckt als inquisitorischer Tugendwächter die Lust an der Macht. Und Macht ist geil, das verbirgt er nur mühsam. Als Hüter des Kodex ist er es, der vorschreibt, vorlädt und abmahnt, lobt und straft, ausschließt und anprangert.  Hervorstechendes Merkmal im Amt ist dann ein psychopneumatologisches: die Fähigkeit zur mühelosen Selbstaufblasbarkeit, in Verbindung mit einem moralischen Absolutismus, bei der sensibleren Heilern zurecht mulmig wird.

Das Dilemma hierbei ist unausweichlich: Entweder Heilerverbände mühen sich, den Rechtsstaat in der Jagd auf vermeintliche "schwarze Schafe" noch zu überbieten - dann fragen sich Heiler zurecht, ob sie außerhalb eines solchen Verbands nicht besser dran sind als in ihm; oder Heilerverbände verfahren laxer - dann bleibt stets der Eindruck, für Patientenschutz sorge der Rechtsstaat mit seinen Mitteln am Ende doch besser.

Im Sinne irgendwelcher Vereinsstatuten und Praxisauflagen moralisch "sauber" zu sein, sagt im übrigen noch lange nichts über therapeutische Befähigung aus. Ein Heiler mag sämtliche zehn bis zwanzig Punkte eines "Ehrenkodex" peinlichst genau einhalten - und dennoch bei seinen Klienten wenig zustandebringen, was der Rede wert ist. Umgekehrt scheren sich manche Heiler nicht um Paragraphenwerke irgendwelcher Verbände - und leisten trotzdem Hervorragendes.

Wer Anderen Moral predigt, sollte selber tunlichst keinen Anlass zu Zweifeln an der eigenen Integrität geben - und hiermit tun sich etliche Heilerverbände belämmernd schwer, darunter paradoxerweise ausgerechnet jene, welche die Installation von “Ethik-Kommissionen” und “Verhaltenskodices” mit besonderem Eifer und PR-Trara betreiben. Dem Vorstand des größten Schweizer Heilerverbands bescheinigte eine von “außerordentlich bedauerlichen und beschämenden” Zuständen entsetzte Staatsanwältin, seinem Geschäftsführer jahrelang Beihilfe zur Veruntreuung sechsstelliger Beträge geleistet zu haben - seither tobt vereinsintern eine Schlammschlacht ohnegleichen, an der mehrere Anwaltskanzleien prächtig verdienen; heillose zerstrittene Vorständler werfen sich gegenseitig Betrug, Mobbing, Manipulation und autoritäres Gebaren vor (s. Tages-Anzeiger, Zürich, vom 19.1.2007: “Streit im Verband der Heiler”). Dem Präsidium seines deutschen Pendants gehörten und gehören Leute an, die Fernbehandlungen gegen Geld ehrenkodexgemäß unethisch finden - in ihrer eigenen Heilpraxis dafür aber ungeniert zur Kasse bitten; die sich selber und ihren Seilschaften urkundlich Heilfähigkeiten und Eignung zur Heilerausbildung bescheinigen - und damit Kohle machen; die interne Kritik mit Drohungen, Intrigen, Geschäftsordnungstricks, übler Nachrede und willkürlichen Rauswürfen totzuschlagen versuchen; denen massive sexuelle Übergriffe gegen Patienten angelastet werden. Was einer von ihnen unter “Laotischer Heilmassage” versteht, erlebte eine Ärztin mehrfach mit, woraufhin sie sich zur Fürsprecherin betroffener Frauen machte und bei ihm schriftlich protestierte (Brief vom 1. August 2006): “Die von dir praktizierte ‘Voruntersuchung’ von Vaginal- und Analbereich ist eine Demütigungs- und Entwürdigungstechnik, die Militär- und Polizeimethoden ähnelt. Du lässt die Betroffenen mit weit gespreizten Beinen vor dich hin sitzen zur Inspektion des Genitalbereichs und mit weit gespreizten Beinen vor dir bücken, um die Analgegend zu inspizieren. (...) Mit deinen Fingern gehst du in die Genitalregion und Gesäßfalte. (...) Die ‘Laotische Heilmassage’ handhabst du immer nur in der Zweiersituation, häufig vorher mit einem gemeinsamen alkoholischen Drink (Rum-Cola), bei gedämpftem Licht und verschlossener Tür.” Den Antrag der Ärztin, den betreffenden “Heiler” unverzüglich aus dem Verband zu entfernen, blockte der Vorstand monatelang ab - wer will schon einem vertrauten Kollegen und Duzkumpel wehtun? Hilfesuchenden, die blauäugig die Vermittlungsdienste solcher Einrichtungen in Anspruch nehmen, würden die Haare zu Berge stehen, wenn sie Wind davon bekämen, welche ehrenkodexfernen Machenschaften da intern mitunter ablaufen. Weil Dichthalten erste Vorstandspflicht ist, dringt kaum etwas davon nach außen.
Sich einem Verein anzuschließen, mag für einen Heiler ehrenwerte Gründe haben: das politische Bewusstsein etwa, dass man gemeinsam stärker ist; das Bedürfnis nach Begegnungen mit seinesgleichen. Doch in zunehmender Zahl laufen den Vereinen Heiler zu, die wirtschaftliches Kalkül treibt: An die Berufsbezeichnung einen Titel wie "Mitglied in X" anhängen zu dürfen, verspricht Kundschaft. "Das Vereinswesen ist die Festung der Mittelmäßigkeit", lästerte der deutsche Maler Anselm Feuerbach (1829-1880) einst überspitzt. In einer Hinsicht hat er recht: Anfänger und Mittelmäßige haben Vereinswerbung nötiger als herausragende Heiler.

Anderweitige Illusionen verflüchtigten sich bei mir im Laufe von vier Jahren, während derer ich am Aufbau eines solchen Vereins arbeitete. (Es handelte sich um eine Dachorganisation bestehender Heilerinitiativen, sah allerdings auch Mitgliedschaften von Einzelpersonen vor.) Solange rein idealistische Zielsetzungen im Vordergrund standen - gründliche Erforschung von Bedingungen und Wirkungen Geistigen Heilens, saubere Dokumentation von Therapieerfolgen, Aufklärung der Öffentlichkeit, mehr Moral in der Szene, verfassungsmäßige Freiheitsrechte auch für geistig Heilende -, erntete das Projekt zwar wohlwollendes Schulterklopfen von allen Seiten. Doch beitreten, um von da an pünktlich dreistellige Jahresbeiträge berappen zu müssen, wollten anfangs nur enttäuschend wenige Heiler, obgleich es doch um Anliegen ging, die allesamt in ihrem ureigensten Interesse stehen müssten. Das änderte sich erst, als der Verein seinen Mitgliedern allerlei Dienstleistungen anzubieten begann, die sich auszahlten: einen "Info-Dienst" etwa, der einen beigetretenen Heiler an anfragende Hilfesuchende weitervermittelte - unabhängig von seinen Fähigkeiten, allein aufgrund des Umstands, dass er den richtigen Mitgliedsausweis besitzt. (Schon zwei Sitzungen mit einem derart vermittelten Klienten erbringen den gesamten Jahresbeitrag.) Ein rentables Geschäft für Heiler in juristischen Nöten - und das sind, ohne staatliche Lizenz zum Therapieren, neun von zehn - versprach auch eine kostenlose, zeitlich unbegrenzte "Rechtsberatung" durch Juristen: Für einen einzigen Termin bei einem Anwalt fällt leicht schon das Zwei- bis Dreifache des Jahresbeitrags an. Erst recht jeden Cent wert sind für Heiler mit mäßigem Geschäftsgang hochtrabende Etiketten wie "X-geprüft", "Y-anerkannt" oder "ausbildungsberechtigt nach den Richtlinien von Z", mit denen immer mehr Heilervereine großzügig ihre praktizierenden Mitglieder bedenken; entsprechende "Urkunden", "Diplome", "Bescheinigungen" und anderweitig bedrucktes Papier schinden mächtig Eindruck bei verunsicherten Kunden, die sich davon eine Qualitätsgarantie versprechen, ohne den Etikettenschwindel zu hinterfragen. Nicht von ungefähr erleben seit längerem diejenigen Heilervereine den stärksten Mitgliederzuwachs, die den emsigsten Titelhandel betreiben. Die "Naturärzte-Vereinigung der Schweiz"/NVS etwa dümpelte noch vor wenigen Jahren bei gerade mal 60 Mitgliedern. Bis 1999 wuchs sie auf 3’300 Mitglieder an, unter ihnen 2000 Therapeuten. Den entscheidenden Schub verschaffte die Einführung einer sogenannten "A-Mitgliedschaft", die jährlich 360 Franken kostet, zuzüglich einer Einmalzahlung von gut 1000 Franken Prüfungs- und Aufnahmegebühr. "Tatsächlich", so merkt der Fachjournalist Martin Frischknecht treffend an, sei die NVS nicht deswegen derart angewachsen, "weil die Therapeuten über Nacht ihre Liebe zu den hehren Zielen einiger Appenzeller Naturärzte entdeckt haben. Wirtschaftliche Gründe haben für den Beitritt gesprochen."

Eine Hand wäscht die andere: Bei Heilern, die es nötig haben, beleben e.V.-beurkundete "Anerkennungen" jedweder Art willkommenerweise ein flaues Geschäft, während sich die Kassenwarte der Vereine ins Fäustchen lachen - und sich die Vorständler bei den mancherlei Spesen, die sie sich fürs "Ehrenamt" genehmigen, schon mal ein wenig großzügiger bedienen dürfen. Für alle Beteiligten, die das Spiel mitspielen, erweist sich die Lizenziererei als vortreffliche Geschäftsidee. Verbandsfunktionäre schlagen mit ihr gleich zwei Fliegen auf einen Streich:

- Sie legen Köder mit maximalem Duftradius für Heiler aus, die Titel jeglichen Protzgrades nötig haben, um in ihrer Praxis ums Däumchendrehen herumzukommen - insbesondere für Anfänger, die auf dem zunehmend engeren alternativen Therapiemarkt erst noch ins Geschäft kommen müssen, und Minderbegabte, die sich nicht darauf verlassen können, dass allein schon Weiterempfehlungen durch zufriedene Kundschaft ihnen die Sprechstunde füllt.

- Sie befriedigen ein öffentliche Interesse, insbesondere der Wunsch von Hilfesuchenden nach "Gütesiegeln" - und spekulieren darauf, dass niemand nachfragt, welcher Güte das Siegel wirklich ist. (Vergleichbares Schindluder treibt die Lebensmittelbranche mit der Bezeichnung "Öko" oder "Bio".)

Die Durchseuchung der "spirituellen" Heilerbewegung mit reichlich unspirituellen Begierden nach Geld und Geltung droht ihr mehr und mehr ein Vereinswesen mit einem hyperkapitalistischen System von Leistung und Gegenleistung zu bescheren, in dem alle Beteiligten voneinander profitieren - eine scheinheilige, esoterisch bemäntelte Verschwörung auf Kosten der für dumm verkauften Hilfesuchenden.

Wieviel "Anerkennung" etwa verdient jene handauflegende Kurpfuscherin, die sich bei "Stern-TV" im Herbst 1999 damit brüstete, "Anerkannte Heilerin des Verbands XY" zu sein? Am Mittwoch, dem 16. Dezember 1998, bestätigt das Fernsehmagazin "Stern-TV" wieder einmal die übelsten Vorurteile, die über Geistheiler im Umlauf sind. Unter dem Titel "Das Geschäft mit den Todkranken - mit versteckter Kamera getestet. Die skrupellosen Methoden der Wunderheiler!" präsentiert Moderator Günther Jauch, was Heidrun Zilgraf, bayerische Landesvorsitzende der "Frauenselbsthilfe nach Krebs", soeben Haarsträubendes in der Szene erlebt hat. Sie berichtet über Kontakte mit mehreren Heilern, die ihr Hilfe anboten, nachdem sie folgendes Inserat aufgegeben hatte: "Ich bin schwer krebskrank, wie die Ärzte sagen. Jetzt wollen sie mit Bestrahlungen usw. beginnen. Ich will mich aber nicht von der gesamten Medizinmaschine überrollen lassen. Wer kann mir helfen, auf alternative Weise gesund zu werden?" (Tatsächlich hatte Frau Zilgraf vor 15 Jahren Brustkrebs, ist seither aber ohne Befund.)

Mit versteckter Kamera besucht Heidrun Zilgraf unter anderem eine verbandsmäßig "Anerkannte Heilerin". Zum Termin soll sie ein Passfoto mitbringen; darauf meint die Heilerin zu erkennen, wo der Krebs sitzt. O-Ton "Stern-TV":

Heilerin (beginnt am Foto zu "arbeiten"): "Das haben Sie vielleicht gemerkt. Ich halte hier die Hand drauf und das fliegt mir jetzt zu von beiden Seiten."

Zilgraf: "Sie setzte sich dann hin und fuhr mit ihren Händen drüber und nahm dann den Kontakt auf, obwohl ich ja vor ihr saß. Sie brauchte mein Foto gar nicht und erzählte dann hinterher, dass sie aufgrund des Fotos eine Ferndiagnose mit mir durchführen würde.

Heilerin: "Bei Darmkrebs zum Beispiel braucht man zusätzlich keinen Arzt. Wenn jemand sagt, ich gehe mal hin, gut. Wichtig aber sind die Ernährung und meine Behandlung."

Hintergrundmoderation: "Die Heilerin beginnt mit ihrer Arbeit, und sofort macht sie einen Fehler! Sie vermutet den Tumor in der linken Brust und will ihn heilen. Was sie nicht weiß: Heidrun Zingraf wurde dort schon vor Jahren operiert. Die Quittung für eine Stunde bei der von einem Verband geprüften Heilerin, die vollkommen daneben lag, 150 DM." (Der "Ehrenkodex" ihres Verbands erlaubte seinerzeit maximal 120 DM pro Stunde.)

Über den Orientierungswert, den "Prüfungen" und "Anerkennungen" von Geistheilern durch Heilerverbände haben, hat Günther Jauch damit schon beinahe alles gesagt.

Ebenso Trostloses brachten Recherchen des Connection-Redakteurs Roland Rottenfusser ans Licht, als er bei einer vom selben Verband urkundlich “Anerkannten” Heilerin “aus Neugier “eine Stichprobe durchführte: Die Dame versuchte die Honorar-Obergrenze mit einem Trick zu umgehen, versprach mir magische Hilfe per Astralreise und versuchte mir teure, für meine Heilung »unbedingt« erforderliche Ritualgegenstände zu verkaufen. Ein spürbares Ergebnis der »Behandlung« war mir nicht vergönnt.”

Wer in den Richtlinien von XY blättert, der stutzt zunächst über eine Klausel, die jedem heilenden Mitglied, das bis zum 1. Januar 1998 beigetreten ist und seither pünktlich seine Beiträge zahlt, den hochtrabenden Titel zufallen lässt. Jedem später Beigetretenen fällt die "Anerkennung" zu, wenn er "eine Ausbildung oder Prüfung durchlaufen hat, die den Richtlinien (des Verbands) entspricht". Wer keinen entsprechenden Nachweis beibringe, der erhalte eine "Anerkennung", wenn er von zwei Verbandsmitgliedern "aus persönlicher Überzeugung" schriftlich empfohlen wird oder ein "Prüfungsgespräch" absolviert - und "drei unterschriebene Bestätigungen von erfolgreich behandelten Menschen ... vorlegt". Doch was ist mit jenen, die bereits vor dem 1. Januar 1998 zu XY oder einem der ihm angeschlossenen Mitgliedsverbände gefunden haben? Sie "gelten ohne Einhaltung dieses Beschlusses als anerkannt", wie eine "Übergangsregelung" festlegt. (Tatsächlich existiert der betreffende Verband aber schon seit Anfang 1995, seine Mitgliedsverbände teilweise schon seit den sechziger und siebziger Jahren.) Das bedeutet: Der hochtrabende Titel fällt den solcherart Gebauchpinselten automatisch und ohne jegliche Vorbedingung zu - vermutlich aus berechtigter Sorge, andernfalls könnten zuviele Beitragszahler das Weite suchen.

Die absurde Konsequenz daraus ist, dass in diesem Verein bis weit ins 21. Jahrhundert hinein eben jene Heiler in der Mehrheit sein werden, die sich um ohnehin windige Anerkennungsprozeduren jedweder Art nicht zu scheren brauchen. So gerät die "Anerkennung" zur Lachnummer, das vermeintliche Gütesiegel klebt auf einer Mogelpackung. Der Gnade der späten Geburt folgt hier die Gnade des frühen Beitritts auf dem Fuße. So ähnlich könnte ein Swinger-Club verfahren, der ein misstrauisches Gesundheitsamt mit der treuherzigen Versicherung beruhigen will, sein Etablissement betrete garantiert niemand mit einer Geschlechtskrankheit - aber im Kleingedruckten versteckt, dass Aidstests erst für diejenigen obligatorisch sind, die ab dem dritten Jahr seit Eröffnung mitbumsen. "So ein Etikettenschwindel ist einfach nur lächerlich - und für das Ansehen des Geistigen Heilens letztlich verheerend", schrieb mir ein Vereinsmitglied über die Gründe seines Austritts. "Das wäre ungefähr so, als brächte mein Supermarkt am Eingang ein Schild mit dem Hinweis an: ‚Für all unser Obst und Gemüse geben wir Ihnen eine Frischegarantie. Das gilt allerdings nicht für Ware, die vor dem 1. Januar bei uns angeliefert wurde." Gottlob verfault altes Grünzeug - bei Geistheilern indes fallen Geruchs- und Geschmackstests schwerer.
Nicht minder Schindluder treiben Heilerverbände neuerdings mit "Lehrbefugnissen"  - an Mitglieder verteilte Lizenzen, zur "Ausbildung" in Geistigem Heilen formell befugt zu sein; hierbei tut sich besonders jener Verband hervor, dessenverwegenes Anzeigenlogo eher auf eine Dressurgemeinschaft für Hüpfdelphine hindeutet. Und so tauchen im esoterischen Inseratemarkt immer häufiger Ein-Personen-"Institute" auf, die vollmundig als "XY-anerkannte Ausbildungseinrichtung für Geistiges Heilen" oder dergleichen daherkommen - in der wirtschaftlich immer angespannteren esoterischen Workshop- und Seminarszene ein werbeträchtiger und daher hochwillkommener Marketingvorteil gegenüber Mitkonkurrenten um Teilnehmer. Wer genauer nachforscht, findet unter den Anbietern auch Vereinsvorständler, die sich ihre Lehrbefähigung demnach praktischerweise gleich selber bescheinigt haben.

Nicht nur aus diesen Gründen macht eine Vielzahl fähiger, seriöser Heiler um Vereine tunlichst einen weiten Bogen. Etlichen graut, nachvollziehbarerweise, vor bürokratischem Kleinkram jeglicher Art, mit Sitzungsterminen, Tagesordnungen, Grundsatzpapieren, Ausschussberichten, Resolutionen, Geschäftsordnungsdebatten und Abstimmungsprozeduren, mit Statuten und Paragraphen - überhaupt vor jeglicher Reglementierung ihrer Tätigkeit, wie vor jedem Involviertwerden in vereinstypische Fraktionsbildungen und Flügelkämpfe, in Vetternwirtschaft, Mauscheleien und Intrigenspiele beim Verteilen von Posten und Zuschüssen, am Gängelband von Funktionären mit dem Charisma einer Büroklammer, auf denen der lange Schatten von brillanten Vorkämpfern der Heilerbewegung lastet wie eine Grabplatte. Viele Heiler denken und handeln als Individualisten, und ihre Unabhängigkeit ist ihnen heilig. Dafür nehmen sie schlimmstenfalls auch in Kauf, von Vereinsvertretern moralisch abqualifiziert zu werden, da sie sich, verdächtigerweise, deren "Kodex" nicht förmlich unterwerfen.
Nächstenliebe, Aufrichtigkeit und andere christliche Tugenden haben die Amtskirchen keineswegs für sich gepachtet, und Glauben leben kann man auch außerhalb von ihnen. Ebensowenig hat irgendein Heilerverein ein Monopol auf die Ethik des Heilens. Moralisch integre Persönlichkeiten habe ich außerhalb des organisierten Heilerwesens jedenfalls nicht seltener angetroffen als innerhalb.

 

Mehr zum Thema im jüngsten Buch von Harald Wiesendanger:
HEILEN “HEILER”? Ein Wegweiser für Hilfesuchende
(Lea Verlag: Schönbrunn, 3. erw. Aufl. 2009)

 

 

HOME PSI-INFOS / Sitemap PSI-INFOS / Sitemap GEISTIGES HEILEN / HOME IVH / So hilft Ihnen die IVH / IVH-Infopaket / Beratung / Schlichtung / BESTELLUNG / Kontakt / Häufige Fragen zum IVH-Angebot / Häufige Fragen zum Geistigen Heilen / Newsletter / Impressum / Startseite: Geistiges Heilen und mehr: IVH-Therapeuten online / Sitemap Geistheiler-Auswahl online / Geistheiler u.a. im deutschsprachigen Raum / Geistheiler u.a. in Deutschland / Geistheiler u.a. in der Schweiz / Geistheiler u.a. in Österreich / Geistheiler u.a. im übrigen Europa / Geistheiler u.a. außerhalb Europas / GLOSSAR: Fachbegriffe / IVH-NEWS: Geistheilung u.a. / Geistheiler im Internet / “Ausgebildete” Geistheiler / Heilerschulen / Heilerverbände / “Geprüfte” Geistheiler / Messungen von “Heilkraft” / Geistheilung von A bis Z: Erfolgsberichte

Copyright: Dr. Harald Wiesendanger, Lea Verlag, IVH. Jegliche Verwendung von Texten, Textteilen und Bildern nur bei schriftlicher Zustimmung.
WWW.PSI-INFOS.DE: Die Internetseite zu Stichworten wie Geistiges Heilen, Geistheiler,
Geistheilung, Heiler, Wunderheiler, Handauflegen, Fernheilen, Heilerschule, Heilerausbildung, Heilerverband.