Unheimliche Patientenschicksale scheinen den Warnern rechtzugeben.
Noch mit 27 Jahren hatte er vor Gesundheit, Aktivität und Lebensfreude nur so gestrotzt. Johannes Merk (Pseudonym), im Hauptberuf Zeitschriftenhersteller bei einem Offenburger Verlag, betrieb topfit seit
achtzehn Jahren eine asiatische Kampfsportart, in der er es sogar zu Meisterehren gebracht hatte. Als leidenschaftlicher, im Freundeskreis deswegen mit Komplimenten überhäufter Hobbykoch dachte er zeitweilig daran, ein Lokal zu übernehmen, und schrieb an einem Kochbuch. Obendrein war er ein gefragter Gitarrist und Sänger, der in mehreren Blues- und Rockbands mitwirkte.
Doch als er sich Anfang November 1996 an mich wandte, war er ein gebrochener, von Todesangst gepeinigter Mann, den
Dauerschmerzen und immer häufigere Schwächeanfälle zermürbten.
Sein Elend begann im März 1989, als er aushilfsweise mit einer Band, die den deutschen Volksmusikstar Tony Marshall begleitete, zu einer zwölftägigen Kurztournee nach Afrika flog. Trotz vorsorglicher Schutzimpfungen fing er sich dort offenbar einen heimtückischen Virus ein: "Am fünften Tag, nachdem ich wieder zu Hause war, bekam ich plötzlich nachts im Bett heftige Stiche in der linken Brust, konnte nicht mehr richtig
sehen, bekam Atemnot und Platzangst - was ich vorher nicht kannte, denn nie zuvor hatte ich Angstzustände. Hinzu kamen fürchterliche Kopfschmerzen, die bis zum heutigen Tage anhalten." Dass die Zahl seiner weißen Blutkörperchen stark zugenommen hatte, deutete auf einen Infekt hin. Doch sechs Jahre lang fahndeten Tropenmediziner erfolglos nach dem Auslöser. (Erst Ende 1996 stellte ein bulgarischer Neurologe die vermutlich korrekte Diagnose: eine verschleppte Leptomeningitis,
Hirnhautentzündung.) Eine leichte linksseitige Lähmung und epilepsieähnliche Anfälle stellten sich ein. In den Beinen und entlang der Wirbelsäule traten höllische Schmerzen auf. Immer wieder verzerrte sich die Mimik in unkontrollierbaren Zuckungen. Da stieß Merk im Wartezimmer eines Heilpraktikers auf einen reißerischen Illustriertenbericht über einen "Wunderheiler" in Tirol, zu dem er sofort 530 Kilometer weit aufbrach. Gleich nach dem ersten Blickkontakt am 3. Januar 1994, ohne
jegliche Untersuchung, stellte ihm der Heiler die falsche Diagnose, versprach ihm vollständige Genesung, legte ihm die Hände auf und verpasste ihm täglich zwei Spritzen mysteriösen Inhalts. Dafür knöpfte er dem Patienten während 21 Behandlungswochen 23’967 DM ab, versicherte aber mehr als einmal, ihm "zwischen 15’000 und 20’000 DM" zurückzuerstatten, falls der Erfolg ausblieb.
Am Ende ging es Merk noch elender als zuvor, doch sein Geld sah er nie wieder. Ich
riet ihm, diesen Skandal der österreichischen Ärztekammer zu melden, die Presse einzuschalten und die zuständige Staatsanwaltschaft auf den cleveren "Wundertäter" anzusetzen. Doch obwohl er hellauf empört darüber war, "schamlos übers Ohr gehauen worden" zu sein, lehnte er rechtliche Schritte strikt ab. "Diesem Mann", sagte er, "traue ich alles zu. Der hat so gewaltige geistige Kräfte, mit denen kann er mich aus purer Rache fertigmachen, auch wenn ich weit
weg bin."
In ähnlichen Fällen scheint es nicht bei folgenlosen Befürchtungen zu bleiben - manche Patienten wähnen sich von Heilern, mit denen sie sich überworfen haben, wahrhaftig "übersinnlich gequält". Zu ihnen zählt ein wohlhabendes Architektenehepaar aus Berlin, das sich mir im Herbst 1994 anvertraute. Jahrelang hatte es einen Heiler, von dessen Fähigkeiten es anfänglich zutiefst überzeugt war, mit Feuereifer protegiert. Eigens für ihn kauften sie sogar eine vornehme
Jugendstilvilla, in der er für eine Freundschaftsmiete eine repräsentative "Praxis" einrichten konnte; gemeinsam mit ihm gründeten sie einen Verein "zur Förderung Geistigen Heilens", der ihm, gratis, willkommene PR-Dienste leistete. Doch als ihnen immer häufiger Klagen über seinen geldgierigen, kaltschnäuzigen Umgang mit Hilfesuchenden zugetragen wurden, distanzierten sie sich von ihm, forderten ausstehende Mietzahlungen und dachten daran, Reporter auf ihn anzusetzen, um
ihn als Scharlatan anzuprangern. Just mit dem Tag ihres Rückzugs von ihm begann für die beiden eine rätselhafte Pechsträhne, verbunden mit nie gekannten gesundheitlichen Problemen - und unheimlichen Geschehnissen in ihrer Umgebung. Schlagartig gingen Aufträge spärlicher ein, häuften sich Schulden. Mehrfach kam es dem Architekten so vor, als versetze ihm eine unsichtbare Faust einen heftigen Schlag gegen die Brust - einmal, beim Einkaufen in einem Laden, ging er wie vom Blitz getroffen zu
Boden. Auf der Rückenlehne eines schwarzen Ledersessels in seinem Wohnzimmer soll sich, vor den Augen mehrerer entsetzter Gäste, sekundenlang eine Teufelsfratze abgezeichnet haben. Mit Schaudern erinnert sich das Ehepaar an frühere vertrauliche Gespräche mit dem Heiler, in denen er sich gebrüstet hatte: Er könne jeden "vernichten", der es wage, ihm in die Quere zu kommen. Denn mit schwarzer Magie experimentiere er seit vielen Jahren. Gleiches berichtete mir eine Heilpraktikerin, die
denselben Heiler wegen fahrlässiger Tötung bei der Berliner Staatsanwaltschaft anzeigen wollte. Angeblich vom selben Tag an, als dieser Entschluss für sie feststand, entwickelte sie eine chronische Immunschwäche mit andauernden Infekten.
Geradezu Todesängste plagen die Seminarveranstalterin Hedwig Kunz (Pseudonym) aus Düsseldorf, seit sie sich 1997 mit einem "Schamanen" aus Usbekistan überwarf, den sie vier Jahre zuvor auf der Krim für die deutsche Eso-Szene entdeckt und
gemanagt hatte. (Zunehmende Geldgier und Betrügereien, Star-Allüren, Allmachtsgehabe und sexuelle Belästigungen mehrerer weiblicher Klienten hätten sie angewidert, wie sie mir berichtete.) "Seither arbeitet er schwarzmagisch mit mir", ist sich Frau Kunz sicher. "Was ich mitmache, ist grauenvoll." Immer wieder spürte sie seine "Psi-Angriffe" - oft als unsichtbare, dennoch schmerzhaft zustechende "Spritzen" -, die sie körperlich schwächten. "Manchmal
verlor ich für einige Zeit die Sinne, hatte keine Orientierung mehr, zitterte am ganzen Körper, die Beine zuckten unwillkürlich." Mehrfach tauchten in ihrer Wohnung gespenstische, bedrohliche Gestalten auf. Aus dem Nichts waberte dunkler Rauch durch alle Zimmer - ohne Brandherd. "Ich bin am Ende", klagte sie mir. |