In unermesslich großer Zahl bewohnen 1600 Bakterienarten die Erde; in einem einzigen Gramm Komposterde tummeln sich 0,5 bis 5 Milliarden. Auch im menschlichen Körper siedeln sie massenweise. Die meisten sind unschädlich, manche erfüllen sogar unentbehrliche biologische Funktionen - aber ein kleiner Teil kann krank machen.
Sind Geistheiler in der Lage, Bakterien unmittelbar zu schädigen - aber auch zu «schützen», sozusagen zu «heilen», sofern sie willentlich
darauf aus sind? Diese Fähigkeit ist in einem ungewöhnlichen Experiment mit Olga Worrall sichtbar geworden: Bakterien wuchsen schneller, wurden beweglicher und widerstandsfähiger gegen chemische Gifte - offenbar allein durch psychischen Einfluss.
Salmonella typhimurium heißt der stäbchenförmige Winzling. Millionstel Millimeter groß, fristet er zu Billiarden in unserem Darm gewöhnlich ein ebenso nützliches wie unauffälliges Dasein - es sei denn, wir infizieren uns an kotverschmutzten
Händen, Nahrungsmitteln oder Wäschestücken mit ihm. Dann merken wir, zunehmend benommen, fiebrig und entkräftet, an häufigem, schmerzhaftem Stuhlgang mit blutig-schleimigem Durchfall, dass er Dysenterie auslösen kann: jene als «Soldatenseuche» berüchtigte Ruhr, die in den beiden Weltkriegen eine beachtliche Rolle spielte. Kaum eine Bakterienart ist gründlicher erforscht worden als diese Salmonelle, seit ein japanischer Biologe sie 1898 entdeckte. Ihr Wachstum, ihr Stoffwechsel, ihre
Lebensdauer, ihr bevorzugtes Milieu und ihre empfindlichen Reaktionen auf dessen Veränderungen: all das ist mittlerweile bestens bekannt, fügt sich strengen Gesetzmäßigkeiten. Kann ein Heiler sie beeinflussen - rein psychisch?
Um Aufschluss darüber zu gewinnen, lud die amerikanische Biologin und Parapsychologin Dr. Elizabeth Rauscher 1979 die damals schon 73jährige Olga Worrall zu mehreren Versuchsreihen in die «Technic Research Laboratories» ein, ein privates Forschungsinstitut in
Golden Valley, Nevada. Testobjekte waren Bakterienstämme von Salmonella typhimurium, die zuvor in einem für sie optimalen Milieu gezüchtet worden waren: in einer auf konstant 37 Grad Celsius gehaltenen Nährlösung mit einem pH-Wert von 7.0, die eine Mischung von Salzen mit einem Hundertstel Anteil an Glycerol enthielt; das darin enthaltene Karbon fördert das Bakterienwachstum. Vor jedem Test wurden Proben dieser bakteriell verseuchten Flüssigkeit entnommen und zu gleichen Teilen in sechs
Reagenzgläser gefüllt, die zuvor sterilisiert und sofort mit einem Pfropfen dicht verschlossen worden waren. Auf jeweils drei dieser Gläser sollte Olga Worrall nun psychisch einwirken, während sie jedes zwei Minuten lang in der Hand hielt. Die übrigen drei Proben dienten zur Kontrolle: Sie blieben unbehandelt und wurden in einen angrenzenden Raum geschafft. Dort blieben sie einer konstanten Temperatur von 37 Grad ausgesetzt, wie auch die Testproben unmittelbar nach Abschluss jeder
Versuchsphase.
Salmonellen vermehren sich, wie alle Bakterien, mit atemberaubender Geschwindigkeit: In 16 bis 24 Minuten entsteht, durch Zellteilung, eine neue Generation. Kann ein Geistheiler dieses Wachstum noch beschleunigen oder sonstwie beeinflussen? Um dies objektiv festzustellen, setzte Dr. Rauscher ein mikrobiologisches Standardverfahren ein: Wieviele Bakterien eine Suspension enthält, verrät sie daran, wie stark sie einfallendes Licht einer bestimmten Frequenz «schluckt». (Je
zahlreicher die Bakterien sind, desto dichter drängen sie sich in der Flüssigkeit - und um so trüber, also lichtundurchlässiger, wird diese.) Mit Hilfe eines Spektrophotometers maß Rauscher im Anschluss an jeden Versuch einen Tag lang stündlich, wieviel Licht bei einer Wellenlänge von 620 Mikrometern absorbiert wurde. Das verblüffende Ergebnis: Geistig behandelte Bakterien hatten sich um durchschnittlich 23 Prozent stärker vermehrt. (Vier Jahre später, 1983, fand der amerikanische
Parapsychologe C. B. Nash starke «geistige» Auswirkungen auf das Wachstum einer anderen Gattung von Darmbakterien, Escherichia coli.)
Selbst gegen schädliche chemische Zusätze konnte Olga Worrall die Einzeller offenbar schützen: gegen Tetracyclin und Chloramphenicol beispielsweise, zwei Antibiotika. Beide greifen Bakterien an, indem sie deren Eiweißfabriken lahmlegen: die Ribosomen, mit denen ihr Zellinneres vollgepackt ist. (An der Oberfläche dieser Ribosomen vollzieht sich die
lebensnotwendige Proteinsynthese aus Aminosäuren.) Wurde allen sechs Teströhrchen, in einer Konzentration von einem Milligramm pro Milliliter, Tetracyclin beigesetzt, so tummelten sich knapp einen Tag später in den geistig behandelten Lösungen 121 Prozent mehr Salmonellen. Wurden zehn Milligramm Tetracyclin oder hundert Mikrogramm Chloramphenicol beigegeben, so kam das Bakterienwachstum gewöhnlich nach vier Stunden zu völligem Stillstand. In Worralls Proben hingegen fanden sich 21 Stunden
nach der Behandlung immer noch rund ein Viertel Bakterien mehr: Offenbar hatte eine "Geistheilung" den Krankheitserregern irgendwie geholfen, die chemische Attacke zahlreicher und länger zu überstehen.
Auch auf die Beweglichkeit der Einzeller wirkten sich Worralls Heilkräfte messbar aus, wie unter dem Mikroskop bei 600facher Ver-größerung sichtbar wurde. Wie die meisten Bakterien bewegen sich Salmonellen in Flüssigkeiten mit Hilfe von feinsten Geißeln fort: fadenförmigen, an
der Zellwand sitzenden Fortsätzen, die sie wie winzige Flossen schlagen oder propellerartig kreisen lassen. Eine ganze Reihe von Chemikalien kann diese Beweglichkeit einschränken oder gänzlich ausschalten: Werden einer Probe beispielsweise 50 Milligramm Phenol26 pro Milliliter beigemischt, so lähmt das die Bakterien gewöhnlich innerhalb von ein bis zwei Minuten vollständig. Im Anschluss an Worralls Behandlung hingegen schwammen nach zwölf Minuten immerhin noch ein Zwölftel der Salmonellen
munter im Phenolbad. Könnte Olga Worrall die Testproben irgendwie auf gewöhnlichem physikalischen Wege beeinflusst haben: etwa durch die Wärmeabstrahlung ihrer Hände, während sie die Röhrchen umklammert hielt? Doch auch die unbehandelten Kontrollproben wurden im Nebenraum unterdessen ja auf menschlicher Körpertemperatur gehalten: 37 Grad Celsius. Um sicherzugehen, wiederholte Dr. Rauscher denselben Versuch mit Laien: Diesmal zeigte sich keinerlei Unterschied. Wozu tüfteln
Wissenschaftler überhaupt solche komplizierten Tests an Mikroorganismen aus, wo es letztlich doch um die Geistheilung von Menschen geht? «Mit Bakterien zu arbeiten», erklärt Elizabeth Rauscher, «hat mehrere große Vorteile. Erstens lässt sich glaubhaft ausschließen, dass Suggestionen und psychosomatische Einflüsse mitspielen.» Weil alle Bakterien einer bestimmten Gattung denselben einfachen, weitgehend bekannten Gesetzmäßigkeiten folgen, lassen sich Experimente mit ihnen besonders gut
kontrollieren und, zur Bestätigung, im Zweifelsfall wiederholen. Zum dritten «können wir hier nicht bloß ein paar Subjekte geistig behandeln lassen, sondern Hunderte von Millionen. Das erleichtert die statistische Analyse.» All dies, so Rauscher, macht Bakterien «zu ausgezeichneten <Detektoren> für jene feinstofflichen Energien, die mit Geistigem Heilen verbunden sein könnten».
Seltsamerweise schien Olga Worrall, um überhaupt heilsam wirken zu können, eine «persönliche», geradezu
mitmenschliche Beziehung zu den primitiven Einzellern aufbauen zu müssen: Ein Experiment, in dem sie die Salmonellen hätte vorsätzlich schädigen oder gar abtöten müssen, hätte sie «strikt abgelehnt», wie sie vorweg klarstellte: «Ich kann Lebenskraft immer nur verstärken. Mir geht es darum zu heilen.» Als sie die winzigen Krankmacher unter dem Mikroskop auf einem Objektträger schwimmen sah, sprach sie kindlich gerührt von «niedlichen Monsterchen». (Aber "mordet" Worrall nicht
zwangsläufig, zumindest indirekt, wann immer sie Menschen von Infektionen befreit? Stärkt sie die Selbstheilungskräfte ihrer Patienten letztlich nicht in einem erbarmungslosen Vernichtungskampf auf Zellebene? Müssen nicht unzählige Kleinstlebewesen im Körper eines Kranken sterben, ehe eine bakterielle Infektionskrankheit auskuriert ist? Ein Widerspruch, den die Versuchsleiterin nicht hinterfragte. Die vermeintliche Selbstverständlichkeit, Menschenleben zähle mehr als Bakterienleben, zeugt von
einer reichlich anthropozentrischen Perspektive - Bakterien wären da ganz anderer Meinung, sofern sie eine hegen könnten.)
Eher beiläufig fielen Rauscher während der Versuche «zwei Merk-würdigkeiten» auf, die sie «nicht verschweigen will, auch wenn sie wissenschaftlich nicht kontrollierbar sind». Einmal griff Olga Worrall unter mehreren Dutzend Glasröhrchen, die völlig gleich aussahen, spontan das einzige heraus, in dem sämtliche Bakterien abgestorben waren. (Ihnen war zuvor Methionin
beigegeben worden, das die DNA-Struktur der Bakterien zerstört hatte.) «Diese hier kommen mir wie verhungerte Kinder vor», sagte Worrall. Wie konnte sie das wissen? - Ein andermal deutete die Heilerin auf eines aus über zwanzig Reagenzgläsern, von dem sie eine «besonders starke Energie» ausgehen fühlte. Erst unter dem Mikroskop zeigte sich anschließend: Ausgerechnet in dieser Probe entwickelte sich ein Bakterienstamm abnormal, wuchs um ein Vielfaches schneller als alle übrigen.
In
Rauschers Studie stand das Handauflegen auf dem Prüfstand, auch wenn sie jenen Faktor, der in Bakterientests vermutlich den Hauptunterschied zwischen Kontakt- von Fernbehandeln ausmacht - nämlich die von den Händen des Heilers ausgehende Körperwärme -, sorgsam kontrollierte. Überzeugender wäre allerdings eine Untersuchung, in der es von vornherein um das Fernheilen geht. Sie steht noch aus.
Literaturhinweise in Fernheilen, Band 2.
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